Inspiration der Mystik von Edith Stein

INDIVIDUATION

Kreuzeswissenschaft

In der Seele findet der Mensch den Anfang, wo der gesammelte Mensch, wie in einem verschlossenen Garten, alle Farben und Düfte seines Lebens zusammenfassen kann. Die Einkehr ins Innere ist jedoch keine einfache Angelegenheit. Sie verlangt die Umgestaltung verschiedener Denkstrukturen und führt uns zu menschlich-göttlichen Bereichen, für die sich die Kraft und das Licht des Verstandes als unzureichend erweisen. Um voranzukommen, muss man den dunklen Weg des Glaubens annehmen und ihn entlanggehen. Dieser Weg ist nicht gerade leicht. Er bereitet uns viele Schmerzen und Leiden, die durch eine besondere Wissenschaft erforscht werden, zugleich aber am eigenen Leib getragen werden müssen. Edith Stein nennt es die «Kreuzeswissenschaft».

Es ist die Aufgabe eines jeden Menschen, zu sich selbst zu kommen, das innerste Wesen seines Ich zu entdecken. Für die einen sind die Meditation und das Gebet die Bedingungen der Möglichkeit, bei sich selbst einzukehren; für andere aber sind die zwischenmenschlichen Beziehungen oder die wissenschaftliche Erforschung der Psyche die wesentlichen Faktoren, die die Vertiefung in die innere Welt des Menschen ermöglichen.

Ausser Zweifel steht jedoch, dass das Innerste der Seele etwas Geistiges ist. Etwas das die Grenzen der Materie übersteigt und «von innen her» das ganze Leben trägt und gestaltet.

Das Innerste der Seele wird so zur «Wohnung Gottes», wo Gott von der Seele erkannt und geliebt werden kann. Je tiefer die Seele in sich hineingeht desto höher steigt sie zu Gott auf und umgekehrt. So stützen sich Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis gegenseitig

In diesen Worten der Mystikerin Edith Stein sehe ich eine Parallele des Weges, den C.G. Jung Individuation nennt.