TRAUMA – SPIRITUALITÄT – MENSCHSEIN

Spiritualität

Ein Trauma ist eine Erfahrung extremer Verzweiflung, Hilflosigkeit, Ohnmacht, denn ein zuvor Sicherheit und Halt gebendes Lebensgefühl ist zerbrochen. Was von nun an fehlt ist Hoffnung und Vertrauen, welche das Leben zuvor getragen haben. Ein schwerwiegendes Trauma kann oft nicht mehr aus eigener Kraft heraus geheilt werden. Unser Willen und unser Wissenwollen helfen dabei nicht mehr. Deshalb die Frage: Gibt es eine Antwort gerade im Elend, in der Verzweiflung?

Spirituelle Heilung eines Traumas setzt dort an, wo ich aufhöre Fragen nach dem Warum zu stellen und darauf verzichte von einer speziellen Methode/Theorie Heilung zu erwarten. Gleichzeitig ist damit die Haltung verbunden, die Suche nach dem Schuldigen fallenzulassen, ebenso die eigene Vorstellung von Gerechtigkeit. Voraussetzung ist weiter die Erkenntnis, dass mein Leidens-/Lebensweg letztlich die Sichtbarwerdung meines eigenen, einzigartigen Person-Seins, meines Menschseins in all seinen Begrenzungen und Möglichkeiten zum Ziele hat. C.G. Jung nennt diesen Weg Individuationsweg, verstanden als tiefgehende Persönlichkeitsreifung.

Das Wagnis Menschsein bedeutet weiter: Sich der eigenen Schwachheit und Begrenztheit bewusst zu werden! Die Erfahrung eines Traumas konfrontiert uns schicksalhaft mit dieser Tatsache. Dazu Jung:

«Ohne Schicksal auf sich zu nehmen, geschieht keine Individuation; der Mensch bleibt blosser Zufall» oder:

«All jene Augenblicke des individuellen Lebens, wo die allgemeingültigen Gesetze menschlichen Schicksals die Absichten, Erwartungen und Anschauungen des persönlichen Bewusstseins durchbrechen, sind zugleich Stationen des Individuationsprozesses. Dieser Vorgang ist nämlich die spontane Verwirklichung des ganzen Menschen. (GW 8, $557)

Es ist nun das Paradox dieses Weges, dass gerade in unserem Scheitern, in unserer Begrenztheit und Schwachheit ein Öffnen für das Geistig-Spirituelle wird. Es geht dabei um die Erfahrung des Geliebt und Angenommenseins. Diese Erfahrung ist nun keine Belohnung unserer eigenen Bemühungen, sondern die paradoxe Antwort auf unsere eigene Ohnmacht.